SPD Waiblingen

Das Vermächtnis des Hermann Scheer

Veröffentlicht am 26.10.2015 in Presseecho

Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker würdigt Scheer als Querdenker und Visionär

Waiblingen - Über fünf Jahre sind vergangen seit dem plötzlichen und unerwarteten Tod Hermann Scheers am 14. Oktober 2010. Scheer war einer der charismatischen Charakterköpfe, für die man in der Politik zu allen Zeiten dankbar war. Im Rahmen einer Matinee, zu der der SPD-Ortsverein Waiblingen zusammen mit der Hermann-Scheer-Stiftung lud, wurde seiner gedacht.

Welche Verehrung die Person Hermann Scheers bis heute genießt, war im voll besetzten Studio des Bürgerzentrums Waiblingen sicht- und spürbar. Und später, zum Ende seines Gedenkvortrags, war es Gastredner Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker auch wichtig, mit einem Gerücht aufzuräumen, das sich in der Ökobewegung bis heute halte. Nämlich dass Hermann Scheer in der SPD verschmäht worden sei. Weizsäcker, selbst sieben Jahre für die SPD im Bundestag, machte deutlich, dass Scheer zwar ein Querdenker gewesen sei, aber in der Partei immer geschätzt und auch geliebt wurde.

Lob von Hesky für Scheer

Hermann Scheer war einer der politischen Köpfe mit Ideen und Visionen. Dreißig Jahre saß Scheer als Abgeordneter der SPD für den Wahlkreis Waiblingen im Deutschen Bundestag. Eine besondere Tragik seines zu frühen Todes liegt darin, dass die Politik aktuell an der Realisierung seiner Visionen arbeitet, für die er selbst früher noch belächelt worden ist. Erkennbar wurde das im Grußwort von Oberbürgermeister Andreas Hesky, der an der Veranstaltung selbst nicht teilnehmen konnte. Stellvertretend verlaß der Ortsvereinsvorsitzende Jörg Buchholz dessen Notiz. Dieser beschrieb sich selbst als früher „technikgläubigen“ Menschen, der seine Probleme mit den Ideen Scheers gehabt habe. Inzwischen sei aber auch ihm klargeworden, welche Ideen Scheer hatte. Und er würde sich heute den Dialog mit Hermann Scheer wünschen.

In ihrer Funktion als Vorstand der Hermann-Scheer-Stiftung erinnerte die Tochter, Dr. Nina Scheer, in bewegter und bewegender Weise an ihren Vater. Nina Scheer ist selbst seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages, als Politikerin und Autorin damit befasst, die Idee der Energiewende weiter voranzutreiben. Die Weggefährten ihres Vaters seien auch immer politische Weggefährten gewesen. Dies habe für seine Familie gegolten wie für alle anderen. Einen tagespolitischen Seitenhieb gab es gegen Dr. Joachim Pfeiffer, den CDU-Abgeordneten des Wahlkreises, der laut Nina Scheer die Energiewende ausbremsen wolle. Und der aus ihrer Sicht einer der Ersten sein werde, der „die Säge“ am Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) ansetzen werde.

Hauptredner Ernst Ulrich von Weizsäcker, einer der zwei amtierenden Präsidenten des Club of Rome, gab in seinem Vortrag spannende Einblicke in politische Prozesse, arbeitete aber als langjähriger Weggefährte Hermann Scheers vor allem die Bedeutung seines politischen Wirkens heraus. Weizsäcker hatte Scheer 1968 kennengelernt, woraus sich in den frühen 70er Jahren eine Freundschaft entwickelte. Als junges Juso-Mitglied sei Scheer ursprünglich hauptsächlich an Friedensfragen interessiert gewesen. Später sei er dann einer der Ersten gewesen, der politisch verstanden habe, was Robert Jungk 1977 in seinem Buch „Der Atomstaat“ beschrieben habe. Zu dieser Zeit hätten die Wissenschaftler noch an das Märchen geglaubt, wonach man zwischen friedlicher und kriegerischer Nutzung der Atomenergie unterscheiden könne. Zu diesen Wissenschaftlern habe auch der Vater von Ernst Ulrich, Carl Friedrich von Weizsäcker, Bruder des späteren Bundespräsidenten, gehört.

Scheer habe sich zu dieser frühen Zeit im politischen Raum dafür starkgemacht, dieses Märchen zu beenden. In den folgenden Jahren wurde die Diskussion über einen möglichen Atomausstieg überlagert von anderen Themen wie dem Waldsterben. Erst die Katastrophe von Tschernobyl 1986, die zeitlich zusammenfiel mit den ersten wissenschaftlichen Nachweisen des Treibhauseffekts, beförderte das weitere Umdenken. Helmut Schmidt der Atomausstieg gleichzeitig die Rückbesinnung auf die Braunkohle gewesen wäre, kam für Scheer weder die atomare noch die fossile Option infrage. Mit seiner Idee der Förderung der Solarenergie habe er aber wiederum die Ökonomen gegen sich aufgebracht. Eine unheimliche Genugtuung für Scheer sei gewesen, als das Thema Energiewende Kanzlermeinung und Realpolitik geworden ist – dies unter Gerhard Schröder. Wobei die Ökonomen immer wieder meinten, das Erneuerbare-Energien-Gesetz belächeln zu müssen. Scheer hat das Gesetz damals eingebracht und die Grünen haben laut Weizsäcker „sehr gut mitgemacht“. Die nachhaltige Bedeutung des Gesetzes zeigte sich dann spätestens nach der Fukushima-Katastrophe. Kanzlerin Merkel hätte ihre Aussagen zum Atomausstieg gar nicht treffen können, wenn es das EEG nicht schon gegeben hätte, meint Weizsäcker.

Politik für Milliarden

Er erinnerte auch daran, dass Scheer auch immer auf Nichtregierungsebene aktiv gewesen war. Schon um für Akzeptanz seiner Ideen in der Bevölkerung zu werben. Der Begriff „Alternativer Nobelpreis“, für den Right Livelihood Award, den Scheer 1999 verliehen bekommen hat, würdigt für Weizsäcker die tatsächlichen Leistungen Scheers eigentlich nicht ausreichend genug. Während die Themenbereiche der meisten Nobelpreisträger begrenzt in ihrer Wirksamkeit seien, habe Scheer mit der Energiewende etwas angerissen, was in Gegenwart und Zukunft Milliarden Menschen täglich betrifft. Kurzum: Hermann Scheer hat eine Revolution angestoßen.

Das, was Bundeskanzlerin Merkel 2011 als Energiewende bezeichnet hat, sei von der Größenordnung vergleichbar mit der industriellen Revolution.

Im Rahmen seiner Tätigkeit für den Club Of Rome wurde für Weizsäcker in der Konsequenz mehr und mehr klar, dass die Gesetze des Marktes nicht immer gut sind und der staatliche Einfluss nicht immer schlecht. Und dass genauso der Volkswille tendenziell höher zu bewerten ist als „Dollars“.

Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 26.10.2015, C 1 von Mario Zoppelletto

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