SPD Waiblingen

Pressemitteilung - Veranstaltung 22.09.2025 „Wohnungsnot bekämpfen, mit Neubau oder besser – Aktivie

Veröffentlicht am 05.10.2025 in Aktuelles

SPD Waiblingen

Pressemitteilung der SPD Waiblingen – Veranstaltung 22.09.2025

Wohnungsnot bekämpfen, mit Neubau oder besser – Aktivierung im Bestand?“

mit Stefan Flaig, Ökonult

Es musste nachbestuhlt werden, bevor die Infoveranstaltung zum geplanten Neubaugebiet am Söhrenberg in Waiblingen-Neustadt beginnen konnte, zu der die SPD Waiblingen am 22.09.25 eingeladen hatte. Lissy Theurer, Vorsitzende, engagierte Ortschafts- und Stadträtin, begrüßte die Anwesenden und freute sich über das breite Interesse an dem Thema.

Hatte doch der Gemeinderat der Stadt erst vor kurzem mit denkbar knapper Mehrheit von 17:16 Stimmen dem Fortgang der Planungen nahe dem Landschaftsschutzgebiet Söhrenberg zugestimmt - ausschlaggebend war dabei die Stimme des Oberbürgermeisters Sebastian Wolf (CDU), siehe Berichterstattung in der Stuttgarter Zeitung vom 24.05.2025.

Die SPD sprach sich im Rat der Stadt, wie auch Grüne, Vertreterinnen der ALi und einzelne Stadträte anderer Fraktionen, gegen das geplante Neubaugebiet aus. “Wir sind nicht gegen den Bau von Wohnungen,” betont Bettina Süßmilch, Theurers Fraktionskollegin im Waiblinger Stadtrat und Landtagskandidatin der SPD im Wahlkreis; „uns geht es darum, das Wohnungsangebot in der Stadt bedarfsgerecht weiterzuentwickeln. Und der Bedarf, den wir sehen, lässt sich nicht durch eine Versiegelung weiterer Flächen am Ortsrand bedienen. In Waiblingen fehlen vielmehr zentral gelegene, günstige Wohnungen, und die werden bei der bisherigen Planung am Söhrenberg nicht entstehen. Gleichzeitig stehen Häuser in Bereichen der Kernstadt leer und zerfallen. ”

Stefan Flaig von Ökonsult, Geograph aus Stuttgart und als langjähriger Berater von Kommunen bei der Stadtentwicklung tätig, kann da nur zustimmen. In seinem Vortrag präsentiert er seine Analyse zur Wohnsituation in Waiblingen, die er auf Basis von Daten des Statistischen Landesamtes, des Zensus 2022 und den Einwohnerdaten der Stadt erstellt hat und stellt diese der demografischen Entwicklung und der tatsächlichen Wohnsituation in der Stadt gegenüber.

 

Schnell wird deutlich, dass die Forderung nach mehr Bauland zu einfach ist. Flaigs Zahlen sind eindrucksvoll: Im Zeitraum von 2013 bis 2023 entstanden 1.373 neue Wohnungen in Waiblingen, die Zahl der Haushaltsnachfrager nahm im gleichen Zeitraum um 2.067 zu. Und auch wenn Prognosen für Waiblingen bis 2045 einen Zuwachs auf voraussichtlich über 59.000 Einwohner berechnen: Die Zahl junger Familien wird aufgrund der demographischen Entwicklung eher abnehmen. Hinzu komme der sogenannte Remanenzeffekt, der Rückgang der Belegungsdichte: Mit zunehmendem Alter wird die Personenzahl eines Haushalts immer geringer. Gut nachvollziehbar; die Kinder werden erwachsen, verlassen das elterliche Haus, übrig bleibt ein Paar, später oft nur noch eine Person je Haushalt. Entsprechend könne eine Nachfrage nach größeren Familienwohnungen durch die Zunahme älterer Menschen nicht erwartet werden, seien doch schon jetzt 72 Prozent der Wohngebäude in Waiblingen Ein- oder Zweifamilienhäuser! Zudem standen laut Flaig bereits im Jahr 2022 in Waiblingen 952 Wohnungen leer, viele davon über 12 Monate, das entspräche 3,5 Prozent des Wohnraumbestands. Leerstände, die Wohnraum für mehr als 1.000 Menschen bieten könnten - doch so viel Zuwanderung übersteigt alle Prognosen für die nächsten 10 Jahre. Rechnerisch gibt es also genug Wohnungen, nur nicht die richtigen.

Flaigs Fazit ist deutlich: Es gibt bereits mehr als genug Familienhäuser im Bestand, die jedoch nicht auf den Markt kommen. Statt neue Baugebiete zu erschließen, solle daher die Wiederbelegung des Bestands priorisiert werden, der dauerhafte Leerstand als solcher sei zudem irgendwann ein erheblicher zusätzlicher Risiko- und Kostenfaktor für Unterhalt und Infrastruktur.

Die Schaffung von altersgerechtem und dauerhaft preiswertem Wohnraum hingegen sei dringlich und erforderlich. Er empfiehlt, nur noch Seniorenwohnungen und preiswerte Mietwohnungen zu bauen, um den Bedarfen gerecht zu werden. Um preiswerten Wohnraum zu schaffen, sei es beispielsweise notwendig, Genossenschaften zu unterstützen.

Auch die im Publikum anwesenden ehemaligen Ratsmitglieder finden deutliche Worte zum Projekt Söhrenberg. Der ehemalige Stadt- und Kreisrat Klaus Riedel bemängelt gemeinsam mit dem Ex-Stadtrat Roland Wied das fehlende Entwicklungskonzept der Stadt zur Schaffung günstigen Wohnraums und insbesondere die Aufkündigung des Baulandmodells. Riedel: „Alle früheren Oberbürgermeister hätten sich in einer solchen Patt-Situation im Gemeinderat enthalten oder ihre Vorlage zurückgezogen. Doch es kam noch schlimmer. Ein über Jahrzehnte bestehender Konsens wurde ohne Not über Bord geworfen. Das „Waiblinger Baulandmodell“, das einst in einer Gemeinderats-Klausur zwischen den Fraktionen als vereinbarter Konsens entwickelt wurde, wurde einfach weggeworfen.” Das Bauland-Modell besagt, dass ein Neubaugebiet nur dann entwickelt wird, wenn alle Grundstücksbesitzer bereit sind, ihre Grundstücke an die Stadt zu verkaufen. Nach einer Umlegung könnten sich alle ehemaligen Grundstücksbesitzer wieder einkaufen. So kann es unter der Regie der Stadt und des Gemeinderates gelingen, eine zukunftsfähige Wohnbauentwicklung auf den Weg zu bringen.

Die jetzige Planung erfüllt keine unsere Anforderungen“, kritisiert auch Bettina Süßmilch. Sie gehe am tatsächlichen Bedarf vorbei, ignoriere umweltpolitische Anforderungen zum Bauen in Zeiten des Klimawandels und zerstöre das einstige, fraktionsübergreifende Konsens-Modell. „Stattdessen sollte sich die Stadt lieber unter Beteiligung der BürgerInnen auf die Gewinnung von leerstehendem Wohnraum konzentrieren. Und den Blick auf jene Areale werfen, die unvermeidlich als Entwicklungsgebiete auf uns zukommen, das Quartier zwischen Bahnhofs-/Blumen-/Fronacker- und Lindenstraße etwa oder das Kaiser-Gelände: Hier brauchen wir innovative Konzepte, z.B. ein Mehrgenerationenquartier, um innerstädtisch günstigen Wohnraum zu schaffen und zu erhalten.“

Bettina Süßmilch