SPD Waiblingen

SPD-Haushaltsrede 2022 - Gemeinderatssitzung vom 17.11.2022

Veröffentlicht am 18.11.2022 in Aktuelles

Urs Abelein - spricht für die SPD Fraktion bei der Gemenderatssitzung WN am 17.11.2022

Die Haushaltsrede der SPD-Fraktion, 

gehalten von Urs Abelein am 17.11.2022 im Waiblinger Gemeinderat.

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Wolf,
sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister Schölzel,
sehr geehrter Herr Baubürgermeister Schienmann,
sehr geehrte Damen und Herren,

Wir sind in das Jahr 2022 mit viel Hoffnung gestartet! Hoffnung, dass es nach 2 Jahren Corona Pandemie endlich wieder ein normaleres Leben gibt, ein Leben, wie wir es von vor der Pandemie kannten. Doch seit dem Beginn von Putins Krieg gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 war vielen schnell klar: es bleibt vorerst bei den Träumen des schönen, unbeschwerten Lebens.

Nun sind wir in einer neuen Realität angekommen. Wir haben es nicht mehr nur mit einer oder zwei Krisen zu tun, wir leben in einer Zeit der Polykrisen, in der sich verschiedene Krisen überlagern und gegenseitig bedingen.

Rückblickend kann man sagen, einiges war zwar nicht unbedingt vorhersehbar, aber es wäre verhinderbar gewesen. Denn dass Putin unsere Abhängigkeit von Energie aus Russland als Kriegswaffe einsetzt, das hätten die wenigsten von uns geglaubt.

Dass wir von Energie aus dem Ausland abhängig sind, dass wir unseren Energieverbrauch drastisch reduzieren müssen und dass wir auf erneuerbare Energien umsteigen müssen, das haben wir, die SPD-Fraktion, hier im Gemeinderat schon seit vielen Jahren gepredigt. Heute müssen wir feststellen, leider erfolglos.

Es ist traurig, aber scheinbar hat es erst stark steigende Energiepreise und einen Krieg bei uns in Europa gebraucht, um die Gesellschaft zum Umdenken zu bewegen.

Wir müssen so ehrlich sein und festhalten, dass wir hier auf Kosten anderer Menschen gelebt haben, und dies bis zum heutigen Tag weiterhin tun. Wenn wir nicht noch weitere Krisen und Kriege in der Welt haben wollen - sowie die bestehenden Krisen lösen und Kriege befrieden - müssen wir uns an der eigenen Nase packen. Wir müssen unseren Lebensstil sowie den Ressourcenverbrauch auch in Waiblingen verändern.

 

Vor der Stellungnahme der SPD-Fraktion zum Haushaltsplanentwurf der Verwaltung möchte ich zunächst noch meinen Dank aussprechen.

Danke Herr Ozan gemeinsam mit Team für die Erstellung des Haushaltsplanentwurfs,

Danke an die gesamte Stadtverwaltung für die geleistete Arbeit in diesem Jahr,

Danke liebe Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates für den konstruktiven Meinungsaustausch hier im Gremium. 

Last but not least danke an alle, die durch ihre ehrenamtliche Arbeit, ihre Präsenz in Waiblingen oder das Bezahlen von Steuern zum guten Zusammenleben in Waiblingen beitragen.  

Wir als Fraktion haben uns dieses Jahr stark zurückgehalten, was das Thema Stellen von Haushaltsanträgen angeht. Aus folgenden Gründen:

der Haushalt - wie ihn die Verwaltung aufgestellt hat - bildet im Großen und Ganzen die finanziellen Ausstattungen der Teilhaushalte so ab, wie wir es für richtig halten.

Verschiedene Ideen wie man etwas besser, anders machen könnte haben wir. Aber wir sind in den letzten Jahren zu der Überzeugung gekommen, 3 Minuten pro Fraktion in der Haushaltsberatung sind nicht der richtige Rahmen, um Diskussionen über wichtige Themen zu führen. Diese Diskussionen müssen wir das gesamte Jahr führen und je nach Thema ist sowieso erst eine Voruntersuchung durch die Verwaltung notwendig, die sich auch im Rahmen des laufenden Haushalts bewerkstelligen lässt.

Sie, Herr Oberbürgermeister Wolf, haben in Ihrer Haushaltsrede viel von Standards gesprochen, und damit einen wichtigen Punkt angesprochen. Die Frage der Standards müssen wir uns in Waiblingen tatsächlich stellen. Ich denke wir sind uns alle einig, dass wir in Waiblingen bislang in fast allen Bereichen sehr hohe Standards haben. Doch um unseren aktuellen Wohlstand zu bewahren wird es notwendig sein auch von bisherigen vermeintlichen Selbstverständlichkeiten Abstand zu nehmen.

Wovon wir aber auf keinen Fall Abstand nehmen können, ist der Anspruch an eine menschliche Unterbringung von Geflüchteten. Die Unterbringung von Flüchtlingen muss nach menschlichen Standards ablaufen, eine Unterbringung von Menschen in Zelten kann wirklich nur die aller letzte mögliche Lösung vor der Obdachlosigkeit sein.

Die Entscheidung im Frühjahr dieses Jahres - nicht auf Container zur Unterbringung von Geflüchteten zu setzen - war richtig. Allerdings hätten wir uns von der Verwaltung gewünscht, dass - wie vom Gemeinderat beschlossen - Holzmodulbauten weiter beschafft werden. In der Zwischenzeit haben sich glücklicherweise unter anderem mit dem Schwesternwohnheim am Marienheim neue Möglichkeiten für die Schaffung von Wohnraum für geflüchtete Menschen aufgetan. Diese Möglichkeiten müssen von der Verwaltung gemeinsam mit dem Gemeinderat im neuen Jahr mit hoher Priorität umgesetzt werden. Wir, die SPD-Fraktion werden die Schaffung und das Vorhalten von eigenen dauerhaften Unterbringungsmöglichkeiten unterstützen.

Neben dem großen Bereich der Hilfe und Solidarität für Geflüchtete dürfen wir eine weitere große Gruppe die auf unsere Unterstützung angewiesen ist nicht vergessen: die Schüler! Unsere Schulen müssen weiterhin mit den notwendigen finanziellen Mittel ausgestattet werden. Denn Bildung ist der Rohstoff der Zukunft, ohne diese können wir als ressourcenarmes Land in Zukunft einpacken.

Nach der Lektüre des Haushaltsplanentwurfs können wir feststellen, Sie haben sich Gedanken gemacht, wie man auf der Ausgabenseite Einsparungen erreichen kann. Angesichts des geplanten Defizits in Höhe von 11,3 Millionen Euro vermissen wir aber Überlegungen zu Verbesserungen auf der Einnahmenseite. Damit meine ich Steuern, nicht Gebühren für Kita und Ganztagesbetreuung. Hier herrscht Nachbesserungsbedarf, ein entsprechender Antrag von uns liegt Ihnen vor.

Die reine Schaffung neuen Baulands auf der grünen Wiese wird die Nachfrage an zusätzlichem Wohnraum bei uns in der Region nicht decken können.

Der aktuelle Weg der Innenverdichtung oder Arrondierung bestehender bebauter Flächen ist für uns eine richtige Vorgehensweise, wie zum Beispiel an der Staufer Straße auf der Korber Höhe. 

Der Weg, den wir in Waiblingen mit unserer städtischen Wohnungsgesellschaft gehen, mehr Gebäude selbst zu bauen und in kommunaler Hand zu halten, ist der Richtige. Nur so sind wir langfristig handlungsfähig und können den Bürgern dauerhaft kostengünstigen Wohnraum anbieten. Sobald sich neue Gelegenheiten sprich Grundstücke ergeben, werden wir uns dafür einsetzen diese zu erwerben und selbst zu bebauen. Die Stauferstraße könnte hier interessant sein, immerhin sind die Grundstücke bereits in städtischer Hand.

Waiblingen klimaneutral 2035 - ist das herausfordernde Ziel, wie es sich der Gemeinderat nach dem erfolgreichen Bürgerantrag im letzten Jahr gesetzt hat. Doch was ist seitdem geschehen? Leider viel zu wenig. Jeden Tag, in dem wir jetzt nicht aktiv werden, wird uns in den verbleibenden Jahren fehlen.

Waiblingen hat in der Vergangenheit bereits einiges erreicht, unter anderem die Photovoltaikpflicht in den Neubaugebieten, welche wir schon seit dem Jahr 2006 praktizieren, lange vor Tübingen und Boris Palmer. Sowie den European Energy Award mit dem wir bei jeder Rezertifizierung ausgezeichnet wurden. Doch es reicht nicht, sich auf dem Erreichten auszuruhen. 

Klimaneutral werden wir nicht mit Neubauten, schönen Reden und Zertifikaten. Die größte Herausforderung besteht im Bestand, in den ca. 15.000 Gebäuden, die bereits heute in Waiblingen stehen und die von einer fossilen auf eine regenerative Energieversorgung umgestellt werden müssen. Kurz und knapp: klimaneutral werden wir mit einer erfolgreichen Wärmewende.

Bislang haben wir nicht einmal eine aktuelle CO2-Bilanz der Stadt Waiblingen, anhand derer wir den Erfolg unserer Klimaschutzbemühungen belegen können, bzw. erkennen können, wo etwas noch nicht in die richtig läuft. Hier herrscht absoluter Nachholbedarf.

Ein Blick in das Marktstammdatenregister verrät, die Stadt Waiblingen sowie die Stadtwerke Waiblingen haben in diesem Jahr jeweils nur eine neue PV-Anlage in Betrieb genommen. Da gibt es nichts schön zu reden, das ist ungenügend. Zur Ehrenrettung der Stadtwerke muss ich hinzufügen: der „Energiepark Waiblingen Greenfield“ unter Beteiligung der Stadtwerke hat mit der Anlage auf dem Prototypenpark Daimler eine PV-Anlage in Betrieb genommen, die mit einer Gesamtleistung von nun über drei Mega Watt Peak vermutlich ihres gleichen in der Region Stuttgart sucht.

Eine erfolgreiche Energiewende hat unterschiedliche Voraussetzungen, eine davon ist die Verfügbarkeit von Flächen. Die aktuell in der Untersuchung befindlichen Flächen für Windkraft auf der Buocher Höhe werden nicht ausreichen. Waiblingen muss weitere potentielle Flächen wie zum Beispiel den Söhrenberg, Flächen am Zuckmantel oder am Wasserturm Bittenfeld für den Bau von Windkraftanlagen zur Verfügung stellen. Auch um die Nutzung von Flächen für Freiflächen-Photovoltaik werden wir nicht herum kommen.  

Es bedarf zudem einer umfangreichen Verkehrswende. Unsere Verkehrsplanung muss weg von dem Fokus „alles für den PKW“, hin zu einem bisher ungekannten Ausbau der Radwege und des ÖPNV-Angebots. Wir sollten uns trauen den ÖPNV groß zu denken. Eine Straßenbahnanbindung nach Waiblingen mag vielen abwegig erscheinen. Sie würde die Ortschaft Hegnach an die Schiene anbinden und eine zweite Schienenverbindung nach Stuttgart ermöglichen. Außerdem sollte die Verwaltung einmal prüfen in wie weit der Umstieg ihrer Mitarbeiter auf den ÖPNV beispielsweise durch die Finanzierung des 49€ Deutschlandtickets beschleunigt werden kann.

Zurück zur Photovoltaik: der Grund weshalb wir hier so langsam vorankommen, lässt sich vermutlich an der zu geringen Manpower im Hochbauamt festmachen. Allgemeiner gesagt am Personalmangel oder an der mangelnden Attraktivität des Arbeitgebers Waiblingen im Vergleich zur freien Wirtschaft. Das heißt wir müssen diese weiter steigern. Bei manchen Stellen wird aber auch unsere bisherige Eingruppierungspraxis zu überdenken sein.

Dem in dieser Runde so beliebten Schimpfen auf die Kreisumlage können wir uns nicht anschließen. Mit der Kreisumlage finanziert der Kreis unsere Krankenhäuser und stellt damit eine gute Gesundheitsversorgung bei uns vor Ort sicher. Ein anderer großer Kostenfaktor ist die Finanzierung des ÖPNV, Einschnitte sind hier nicht hinnehmbar.

Wenn kostendeckende Krankenhäuser gefordert werden, dann fordern wir ab sofort auch kostendeckende Parkhäuser.

Wie sich Waiblingen weiterentwickelt, bleibt spannend. Ich sehe uns hierbei auf einem guten Weg. Es braucht weiterhin mutige Entscheidungen, Visionen und konstruktive politische Arbeit aller Beteiligten.

Um mit Martin Luther Kings Worten zu schließen:

„Wir müssen endliche Enttäuschung akzeptieren, aber niemals die unendliche Hoffnung verlieren.“

Dass es uns gelingt - im manchmal mühsamen politischen Alltag bei zähem Ringen um Kompromisse - die Enttäuschungen zu akzeptieren, und dennoch stets die Hoffnung auf ein besseres, klimaneutrales, soziales und friedliches Zusammenleben in Waiblingen hochzuhalten, das wünsche ich uns allen.


 

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